Nachdem die gleichermaßen berühmte wie fragile Papiertapete „Die Säulen von Athen“ aus der Pariser Manufaktur Joseph Dufour jahrzehntelang in den Räumen unseres Museums ausgestellt wurde, ist es nun an der Zeit für eine erneute Restaurierung.
Problematik
Die Panoramatapete besteht insgesamt aus zehn Bahnen, die bereits Anfang der 1990er Jahre einer umfangreichen Restaurierung unterzogen wurden.
Leider weisen die vier ausgestellten Bahnen inzwischen strukturelle Problemen auf, da die Bestandsmaterialien einem natürlichen Alterungsprozess ausgeliefert sind.
Aktuell leiden die Tapeten unter einer Oberflächenspannung, die Deformationen hervorruft und so die Stabilität gefährdende Risse verursacht.
Restaurierung
Die Restaurierungsmaßnahme umfasst alle zehn Bahnen der Panoramatapete und wird sich voraussichtlich über zwei Jahre erstrecken.
Es ist ein langwieriger aber notwendiger Prozess, um unter Erhaltung der historischen Materialien die Stabilität und Struktur des Werkes wieder herzustellen und dauerhaft zu erhalten.
Transport
Am 10. November 2023 begannen die Maßnahmen. Zwei der zehn Bahnen wurde bereits in das Restaurierungsatelier des Museums gebracht.
Technische und fotografische Analyse
Vor jeder Restaurierung findet eine visuelle Analyse des Kunstwerks statt. Sie ist die Grundlage für alle weiteren Arbeitsschritte.
Mithilfe der technischen Untersuchung können wir die physikalischen Eigenschaften eines Werkes besser verstehen, die Komponenten bestimmen und deren Beschaffenheit feststellen. Dies ist für die Planung und Durchführung der Konservierungsmaßnahmen unerlässlich.
Insbesondere für Papiermalerei ist die fotografische Analyse, bei der verschiedenste Aufnahmetechniken unter Einsatz unterschiedlicher Lichtquellen zur Anwendung kommen, ein wertvolles Hilfsmittel, denn es handelt sich um eine nicht destruktive Methode.
UV-Fotografie
Sie ermöglicht es, Informationen über das Trägermaterial, die
Pigmente sowie die Lösungs- und Bindemittel der Malfarben zu gewinnen.
Nachträglich retuschierte Bereiche mit oder ohne Firnisschicht können
identifiziert werden, genau wie biologische Veränderungen, also
beispielsweise Stockflecken und Schimmel.
Infrarotfotografie
Für das menschliche Auge unsichtbare Stellen, also überdeckte Malschichten oder Vorzeichnungen, können dank dieser Technik studiert werden. Die Infrarotstrahlung kann auch helfen, unleserlich gewordenen Inschriften zu entziffern.
Mikroskopische Analyse
Die Binokularmikroskopie macht die Malschichten sichtbar und erlaubt somit eine zielgenaue Entnahme von Proben.
Stratigraphie
Im Vorfeld der eigentlichen Restaurierung werden möglichst viele Informationen über die Zusammensetzung der verwendeten Pigmente und zur Technik ihrer Verarbeitung gesammelt. Aus diesem Grund werden der Tapete kleine Proben entnommen und ihre Stratigraphie, also die Malschichtenfolge analysiert.
Ziel der Stratigraphie
Die Erkenntnisse über die Farbpigmente legen die Restaurierungsmethoden fest, die zur Anwendung kommen. Manche der in der Vergangenheit benutzten Farben haben sich als giftig erwiesen und können Restauratoren/innen auch heute noch gefährden. Dies gilt beispielsweise für Scheeles Grün, ein hochgiftiges Kupferarsenit. Das grüne Farbpigment wurde seit Anfang des 19. Jahrhunderts für Tapeten benutzt, aber auch zur Herstellung von Kosmetika, für Spielsachen, Kleidung u. v. a.
Vorsichtsmaßnahmen
Da Scheeles Grün giftige Dämpfe freisetzen kann, wenn es mit Feuchtigkeit in Berührung kommt (was bei einer Nassrestaurierung vorkommen kann), wurden eine Reihe von Analysen zu dessen Nachweis und strikte sanitäre Protokolle eingeführt, um mögliche Gesundheitsrisiken zu vermeiden: persönliche Schutzausrüstung (Schutzhandschuhe, FFP2-Masken, Brille und Tyvek-Anzüge), Abzugshauben und gute Belüftung des Arbeitsbereichs.
Die Probenentnahme
Für die Stratigraphie werden notwendigerweise Proben benötigt. Um jedoch eine Beschädigung des Werkes zu vermeiden, sollte eine Probe:
- möglichst klein sein, also etwa die Größe eines Stecknadelkopfes haben.
- an einer unauffälligen Stelle entnommen werden, z. B. an einem ohnehin vorhandenen Riss in der Malschicht oder einer Bruchstelle.
Mit dem Hauptziel Scheeles Grün zu identifizieren, wurden die Proben am Übergang von blauen zu grünen Farbflächen entnommen, d. h. im Bereich des Himmels (der anlässlich früherer Restaurierungen stark retuschiert wurde), des gemalten Blattwerks und der Bekleidungstücke.
Die Schichtentreppe
Die Proben werden mit einem Skalpell entnommen und unter Zuhilfenahme eines Epoxidharzes zwischen zwei Plexiglaswürfel fixiert. Um die einzelnen Farben sowie die Malschichtenfolge unter dem Mikroskop analysieren zu können, muss zuvor die Plexiglasoberfläche glattpoliert werden.
Die ersten Proben sind zu klein und fragil, um die Malschichten sicher bestimmen zu können. Es muss eine weitere Probe gewonnen werden, wofür ein kleines Stück vom Rand abgeschnitten wird.
Das Ergebnis
- Blassblaue Schicht, einheitlich durchgefärbt, mit wenigen kaltblauen Einsprengseln
- Sehr dünne Schicht in grünlichem Blau, einheitlich durchgefärbt
- Dicke Transparentschicht (Restaurierungslack oder Tapetenkleister)
- Weiße Schicht mit feinen blauen runden Farbkörnern (erste Übermalung)
- Dünne dunkle Transparentschicht (Restaurierungslack oder Tapetenkleister nach erster Übermalung)
- Blasstürkisblaue Schicht, einheitlich durchgefärbt mit einigen helleren Zonen (Originalgrundierung)
- Sehr dünne Transparentschicht (Trennschicht oder Tapetenkleister)
- Ockerfarbene, faserige Schicht (Trägermaterial aus Papier)
- Dicke, gelbliche Transparentschicht (Kleister)
- Blasstürkisblaue Schicht, einheitlich durchgefärbt (Originalblau auf Überlappung der Tapetenbahnen)
Bislang konnten keine grünen Pigmente nachgewiesen werden.
Um dieses Ergebnisses abzusichern, müssen jedoch noch weitere nicht-destruktive Analysen durchgeführt werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden!