Das MNAHA bemüht sich in den vergangenen Jahren verstärkt um eine Aktualisierung seines Inventars, digitalisiert im Zuge dessen auch in früheren Jahrzehnten entstandene analoge Datenbanken und fotografiert die Sammlungsobjekte mit moderner Technik.

Bereits im April 2021 berichtete Patrick Quinteira (Sammlungsmanager des MNAHA) im MuseoMag über dieses umfangreiche Vorhaben im Hinblick auf die Möbel, bei dem nicht nur die Sammlungsliste der Abteilung Arts décoratifs et populaires aktualisiert wurde, sondern auch die schweren Schränke auf Rollbrettern montiert wurden, um somit deren Handhabung einfacher zu gestalten. Derart gut vorbereitet, ging es dann zügig voran. Mittlerweile konnten, die gesamte Möbelsammlung zusammengezählt – Schränke, Truhen, Stühle, Tische, Sekretäre, Uhren und weitere –, etwa 1000 Möbel in die digitale Datenbank aufgenommen werden. Darunter befinden sich auch etwa einhundertfünfzig Schränke.

Digital ausgestellt

Die digitalen Datenblätter der Schränke wurden nun ergänzt und aus dem Französischen auch auf Deutsch sowie Englisch übersetzt. Natürlich können nicht alle Möbel dieser Sammlung gleichzeitig im Museum ausgestellt werden, da dies den restlichen Objekten wohl nur sehr wenig Platz im Nationalmusée um Fëschmaart übrigließe. Momentan befinden sich knapp zwanzig ausgewählte Schränke in der Dauerausstellung. Die vielen Exemplare im Depot erfüllen die wichtige Aufgabe, die Schreinerkunst verschiedener Epochen zu dokumentieren. Sie sind dort dauerhaft konserviert, stehen für Forschungsund zukünftige oder externe Ausstellungszwecke zur Verfügung. Um die Sammlung jedoch auch unabhängig von derlei Vorhaben einem breiten Publikum zugänglich zu machen, soll sie nun im Auftrag unseres Digital Collections-Teams, soweit möglich, digitalisiert und ins Netz gestellt werden. Doch wie wird das umgesetzt?

Schöne Fotos, eine Herausforderung

Zuerst muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass das Fotografieren all dieser Schränke ohne das oben genannte Projekt eigentlich undenkbar wäre. Die vom Museumsteam auf „Skateboards“ umgetauften Rollbretter erleichtern den Umgang mit den Schränken enorm. Diese können nun in kürzester Zeit aus ihrem Standort im Depot herausgerollt, vor die Kamera gestellt und gleich wieder zurückgerollt werden. All dies, ohne das Möbelstück auf- und abbauen zu müssen und vor allem, ohne es tragen zu müssen. Wir dürfen nun also rückenschonend und effizient arbeiten und kommen auch noch in einem vergleichsweise „rasanten Tempo“ voran. Diese größeren Objekte im Depot hin und her zu bewegen, geht also mittlerweile nicht mehr mit einem größeren Aufwand einher. Das heißt allerdings nicht, dass das Fotografieren an sich genauso einfach ist. Zweitens brauchen wir nämlich eine große freie Stelle im Depot mit einer möglichst hohen Decke, um auch die größten der Schränke vor die Kamera zu bekommen. Diese Modelle fotografisch zu dokumentieren, bringt immer wieder neue Herausforderungen mit sich. Die Standardmaße des mobilen Hintergrundes von etwa drei mal drei Metern, vor dem in der Regel alle Objekte für die Collections-Plattform fotografiert werden, sind im Vergleich zur Höhe und Breite der Möbel oft nicht ausreichend. In solchen Fällen verdeckt der graue Hintergrund nur teilweise, was sich hinter dem speziell eingerichteten temporären Fotostudio befindet. Nicht selten müssen die Aufnahmen deswegen noch nachbearbeitet werden, damit sie unseren hohen Anforderungen entsprechen.

Unser Ziel ist es zudem, für jeden Schrank mehrere Fotos auf unsere Plattform hochzuladen. Hier soll das Objekt nicht nur aus mehreren Perspektiven präsentiert werden, sondern es wird auch ein Fokus darauf gelegt, die Elemente hervorzuheben, die jeden Schrank einzigartig machen. Durch die sehr gut ausgeleuchteten Fotos in hoher Auflösung wird es nun möglich, Details zu zeigen, die eventuell nicht immer sofort auf Gesamtaufnahmen zu sehen sind. Wir können nun, neben der im Museum ausgestellten Sammlung, unseren digitalen Besuchern/-innen viele weitere Objekte aus dem Depot dauerhaft zugänglich machen. Die digitale Aufarbeitung der Möbel vereinfacht somit auch die Arbeit von Kunsthistorikern/-innen, da diese sich die Möbel nicht mehr nur vor Ort ansehen können oder auf alte Fotos oder Negative zurückgreifen müssen, um unsere Sammlung für Recherchen nutzen zu können.

Möbel mit Geschichte(n)

Der Vorteil der Digitalisierung und Bereitstellung auf der Collections-Plattform ist, dass somit unsere Sammlung nicht nur Spezialisten/-innen, sondern allen Besuchern/-innen im Netz zur Verfügung steht. Diese Arbeit ermöglicht es uns auch, spontan Besonderheiten der Sammlung hervorzuheben, auf diese aufmerksam zu machen und ihre Geschichten zu erzählen. Deswegen möchten wir an dieser Stelle einige unserer persönlichen Highlights vorstellen. Interessantes Beispiel ist ein Schrank mit Türen auf beiden Seiten (Maße: 231 x 160 x 82,5 cm), der wohl in einen Durchgang eingelassen war und deswegen von beiden Seiten nutzbar sein sollte. Bemerkenswert ist, dass die beiden Fronten nicht in der gleichen Ausfertigung gestaltet sind. Wir können also darauf schließen, dass eine der beiden zu einem späteren Zeitpunkt hergestellt wurde und die stattgefundene Abänderung des Möbels nicht von Anfang an so vorgesehen war. Das Möbelstück stammt aus dem Sassenheimer Schloss und wurde 2018 in den Museumsbestand aufgenommen. Sie finden den Schrank auf Collections unter der Inventarnummer 2018-208/002.

Ein weiteres Highlight unserer Sammlung ist ein Modell mit den Maßen von 239 x 194,5 x 85 cm. Das Möbelstück lässt sich wegen des enormen Gewichtes sogar auf dem Skateboard nur mit Mühe vor die Kamera schieben. Der Schrank wurde nicht in Luxemburg angefertigt, hat allerdings eine nennenswerte Herkunft. Diese wurde durch eine Inschrift auf einer kleinen Messingplakette erhalten, die auf der Innenseite einer der Türen fixiert ist. Eine Seltenheit. Die Inschrift lautet: „Schrank aus dem XVten Jahrhundert angekauft I83I auf den Gütern zu Frücht des Ministers Frhn. H. F. vom und zum Stein (1757-I83I) durch Hrn. G. H. Goedecke-Conrad aus Ernst (Nassau); von dessen Witwe I882 ihrer Enkelin Therese Hartmann (Gläsener-) in Luxemburg geschenkt.“ Einer der Vorbesitzer des Schrankes war Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein (1757-1831), einer der bekanntesten Reformer der deutschen Geschichte mit einem besonders interessanten Lebenslauf. Laut der Inschrift geriet der Schrank wohl eher zufällig nach Luxemburg. So soll ihn die Witwe von „Hrn. G. H. Goedecke-Conrad aus Ernst (Nassau)“, der den Schrank von Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein abgekauft hatte, ihrer Enkelin Therese Hartmann-Gläsener geschenkt haben. Es handelt sich hier vermutlich um die Luxemburger Malerin mit gleichem Namen. Einige ihrer Bilder befinden sich in der Sammlung des MNAHA. Sie können sich den Schrank auf Collections unter der Inventarnummer 1942-019/013 genauer ansehen.

Schauen Sie doch mal rein

Beim Stöbern auf der Collections-Plattform, können Sie nun selbst weitere Entdeckungen machen und Ihr persönliches Lieblingsstück finden. Neben den bereits online gestellten Modellen, werden in den kommenden Wochen und Monaten noch weitere Schränke der digitalen Plattform des Museums hinzugefügt. Sie dürfen also gespannt bleiben, welch besondere Objekte sich noch im Museumsdepot befinden.

Text: Isabelle Maas und Jim Mathieu - Photos: Eric Chenal

Source: MuseoMag N°IV 2024